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Ostsee Zeitung vom 12.07.2004
Wenn Träume wahr werden
Peenemünder Motorsportverein organisiert Fahrstunde für Sehbehinderte
Nach der kurzen Einweisung lässt Gunnar Meyer den Motor des roten Mercedes einmal kräftig aufheulen. „Wahnsinn“, schreit er vor Begeisterung. „Und nun gib sanft Gas“, sagt Fahrlehrer Jürgen Kraft und hat mit dem Torgelower bereits die erste Kurve gemeistert. „Jetzt tritt richtig rauf.“ Gunnar gehorcht. Der Wagen beschleunigt. Bei 130 km/h muss der junge Torgelower vom Gaspedal. Es geht in die Linkskurve. Wieder rutscht ihm „Wahnsinn“ heraus. Er lächelt.
Dass der 20-jährige mit einem 168 PS-starken Auto fahren kann, ist nicht selbstverständlich. Gunnar ist nämlich stark sehbehindert. „Die Umrisse von der Fahrbahn kann ich erkennen, mehr aber nicht.“ Er war einer von insgesamt 38 Teilnehmern, die am Sonnabendnachmittag das Angebot des Peenemünder Motorsport- und Verkehrsschulungsvereins annahmen. Trotz ihrer Behinderung konnten sie mit dem Pkw oder als Sozius auf den heißen Öfen die Rennstrecke hautnah erleben. „Heute ist ein Tag, wo Träume wahr werden“, sagte Landrätin Dr. Barbara Syrbe in ihrer Begrüßungsrede. Ina Löschke konnte ihr nur beipflichten. Der sehbehinderten Frau aus Wolgast ist es zu verdanken, dass diese Veranstaltung überhaupt stattfinden konnte. Im vergangenen Jahr überraschte sie eine Freundin - ebenso sehbehindert - mit einem besonderen Geschenk. Einmal den Wind beim Motorradfahren spüren – ihre Freundin Angela Ganschow war aus dem Häuschen, als ihr der Peenemünder Verein half. „Ich musste vor Freude einen Luftsprung machen“, so die Hallenserin, die am Sonnabend ebenfalls dabei war.
Von der überaus großen Resonanz - Fahrhungrige kamen von Greifswald bis Berlin – zeigte sich der Peenemünder Vereinschef Jürgen Quandt (†) überrascht. „Für uns ist das ein Signal, die Veranstaltung zu einer Tradition werden zu lassen und vielleicht in Zukunft noch auszubauen.“ Mit den Partnern im Rücken dürfte das kein Problem sein, denn alle angesprochenen Fahrschulen aus Ahlbeck, Katzow, Trassenheide, Karlshagen, Wolgast und Züssow sagten spontan zu und boten kostenlos ihre Hilfe an.
Davon profitierte auch die 17-jährige Greifswalderin Doreen Grommelt, die seit ihrer Geburt eine Sehfähigkeit von zehn Prozent hat. Mit dem Motorrad um die Kurven düsen, das hatte sie sich schon immer erträumt. Der Ahlbecker Horst Beyer machte es auf seiner rot-weißen Honda möglich. Nach mehreren Runden auf dem Parcour und dem Höchsttempo von 155 km/h war die junge Frau begeistert. „Einfach cool.“ „Durch solche Veranstaltungen können sie lernen, was Geschwindigkeit ist“, meinte ihr Vater Bernd Grommelt, der durch einen Fahrlehrer von der Veranstaltung erfahren hatte. Für Doreen gab es noch einen Zuschlag. Sie durfte noch ans Steuer des roten Mercedes. Es hat sich gelohnt – für alle.